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Umsturzversuch in Türkei - Gericht verurteilt etliche Putschisten

Knapp fünf Jahre nach dem Putschversuch in der Türkei hat ein türkisches Gericht ein Urteil im Prozess gegen rund 500 Angeklagte gefällt. Gegen 38 Angeklagte wurden lebenslange Haftstrafen unter anderem wegen Verstosses gegen die verfassungsrechtliche Ordnung verhängt; das berichtete die Staatsagentur Anadolu am Mittwoch.

Agentur
sda
07.04.21 - 17:51 Uhr
Politik
Bereitschaftspolizisten betreten das Gerichtsgebäude vor dem Prozess gegen 497 Angeklagte in der Türkei. Den Angeklagten wird unter anderem vorgeworfen, das Gebäude des Staatssenders TRT in Ankara in der Putschnacht besetzt zu haben. Foto: Burhan…
Bereitschaftspolizisten betreten das Gerichtsgebäude vor dem Prozess gegen 497 Angeklagte in der Türkei. Den Angeklagten wird unter anderem vorgeworfen, das Gebäude des Staatssenders TRT in Ankara in der Putschnacht besetzt zu haben. Foto: Burhan…
Keystone/AP/Burhan Ozbilici

106 weitere erhielten Haftstrafen von 6 bis über 16 Jahren - etwa wegen Terrormitgliedschaft. In dem Mammutverfahren mit knapp 250 Verhandlungstagen waren insgesamt 497 Menschen angeklagt.

Am Abend des 15. Juli 2016 hatten Teile des Militärs gegen die Regierung des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan geputscht. In Istanbul und der Hauptstadt Ankara gab es Gefechte zwischen Putschisten und staatstreuen Sicherheitskräften. Die Putschisten setzten Panzer und Kampfjets ein und feuerten unter anderem auf Zivilisten, die sich ihnen entgegenstellten und damit einem Aufruf Erdogans folgten. Mehr als 250 Menschen wurden getötet, 2000 verletzt. Der Aufstand wurde schliesslich niedergeschlagen.

Die nun Verurteilten drangen unter anderem in den Staatssender TRT in Ankara ein und zwangen die Moderatorin, eine Erklärung zum geplanten Umsturz zu verlesen. Unter den lebenslänglich Verurteilten waren auch der Ex-Offizier, der die Besetzung angeordnet haben soll, sowie der Ex-Leutnant, der die Verlesung befohlen haben soll. Zwei von ihnen sollen ausserdem ein Attentat auf Erdogan geplant haben. Ein weiterer ehemaliger Regimentskommandeur wurde zu über 61 Jahren verurteilt. Für 231 Angeklagte verhängte das Gericht keine Strafen, 121 wurden freigesprochen.

Die türkische Führung macht den in den USA lebenden islamischen Prediger Fethullah Gülen und seine Anhänger für den Putschversuch verantwortlich. Die Gülen-Bewegung gilt in der Türkei als Terrororganisation. Seit dem Umsturzversuch wurden in der Türkei Zehntausende Menschen verhaftet und mehr als 100 000 Staatsbedienstete entlassen. Allein rund 21 000 Mitarbeiter der Streitkräfte wurden nach offiziellen Angaben des Dienstes enthoben.

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Irgendwann werden sie Helden sein. Als sie den Putsch wagten waren sie auf sich allein gestellt. Die "Säuberung" des Militärs von sekularen kemalistisch geprägten Offizieren durch R. Erdogan war schon zuweit voran geschritten.
Ihr grösster Coup sollte die Festsetzung oder Beseitigung von R. Erdogan sein. Als das Misslang war der Umsturz gescheitert.
Wer die Auftändischen verraten hat ist bis heute nicht geklärt.
Das die Aufständischen keine lupenreinen Demokraten waren ist fast Nebensache. Dieser Aufstand war der gerechteste und hätte aus heutiger Sicht gelingen sollen.

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