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Dr Ätti ischt gstorbä

Marietta
Kobald-Walli
28.12.20 - 04:30 Uhr
BILD PIXABAY
BILD PIXABAY

Das Zusammenleben der Sprachen und Kulturen in Graubünden: Das ist das Thema der Kolumne «Convivenza», die wöchentlich in der «Südostschweiz» und der romanischen Tageszeitung «La Quotidiana» publiziert wird.

Eis ischt fascht garantiert, irgend äswenn stirbt dinä Ätti. Und d Mamä au. Mä muäs drvaa uusgaa, dass eis vu dinä Eltäräteil vor diär stirbt. Dr ander Fall weer zimmli tragisch. Meischtens mag eim das, asä wenn d Mamä oder dr Ätti stirbt. Wenn s nid so weer, weer s himmelärdätruurig.

Ja, und jetz ischt äbä ünschä Ätti gstorbä.

I miim letschtä Biitrag da gäget Ende Augschtä han i vrzellt, wiä s miär mid dä Bilder im Chopf ggangä ischt, asä Chind mid dm Naani dür dä Wald z tappä und wiä i über 50 Jaar speeter ds Wägli und das Waldseeli gsuächt han, äbä das Bild im Chopf. Wiä i s gfundä han und di Bilder im Chopf uf ein Tätsch zrchlepft sind.

Miinä Ätti hed das au gläsä. Är ischt ghöcklet an schiim Schribtisch, hed d Schriibärii an schiinä Ärinnrigä underbrochä und gmeint, äs hei mä uusinnig guät gfallä. Und i ha mi gfreut.

Ä Wuchä speeter ischt är tod gsi. Und iss albig no.

Äs ischt ds eerscht Maal gsin, dass ünsch füüf Chind dr Tod so nööch choon ischt. Und so heind d Mamä und miär den au allerhand z organisiärä ghann. Mini Uufgaabä sind zimmli chlaar gsin: Todesaazeig und Läbenslauf vrfassä und – säb han i miär sälber zur Uufgab gmacht – nä de an dr Vrgrebnischt au vorztraagä. Da dra han i aber fürchtig z gnagä ghann, an derä schriftlichä Vrfassig vum Läbä vu ünschem Ätti. Will, daderzuä han i äbä ds Ättisch schriftlichä Erinnrigä ds eerscht Maal gläsä, und äs hed mi den äsiä ättä grad än bitz ärgudderet, mi scho wacker mögä. Aber i han di Zend zämä gäbissä und gsinnet, da muäscht jetz hald eifach düürä. De ischt mr zmaal z Sinnd choon, dass i das alls an dr Vrgrebnischt vor dä Lüüt au no läsä sötti und we mügli nid wetti zmitzt dinä aafaa hüünä. I ha mr de in dr Drogerii Närvätröpfli und Baldriantee bsorgt. Zäb hed gholfä. Äs ischt ggangä, ooni rääggä.

Will aber diä Sach mid dm Läbenslauf vum Ätti än bitz Ziit gäbruucht hed, bin i mid all minä anderä Uufgabä än bitz in dä Hinderlig choon. Äs hed schi fürchtig gäbiignet, eis hed dm anderä grüäft. Dr Gartä, Fallobscht, dr Huushalt, d Rächnigä und Zaligä vum Gschäft und anders.

Ds Rääggä, um dä Ätti z truurä, han i drum ganz eifach vrschobä. Will hald äbä alls andärä vrschobä choon ischt vu miär. Aber minä Chopf, dään han i in derä Ziit au nid bir Sach ghann. Drum han i de wider di Zend zämä gäbissä und gsinnet, äswenn han i au Ziit, de gaan ii in ds Hütti uuf, äbä das, wo dr Aafang gsin ischt vu dä Bilder im Chopf und das, wo minä Ätti asä Jungä naa dr Stifti gäplanet hed. Döt nümm mr de di Ziit, mi z ärinnärä, z gspürä und z truurä.

Jetz, fascht zwei Manet speeter, höckli da im Hütti vum Ätti a mä wunderhübschä Herbschttag. I luägä ds Puffed aan, di Täflibritter an dä Wend und dr Dechi, jedä Nagel, wa är iingschlagä hed, und zwüschet dm Rääggä dinä schriib i diä Zillätä. I schriib schä nid nu für minä Ätti, nei, i deichä da drbii au an all diä Lüüt, wa truurend, still und heimli, um irni Liäbschtä.

*Marietta Kobald-Walli, geboren 1960, lebt in Strahlegg/Fideris. Sie ist Fotografin und Journalistin, Hochbauzeichnerin, Ehefrau und Mutter von zwei Kindern.

 

Wörtliübersetzig

irgend äswenn irgendwann
weer wäre
ünschä unser
uf ein Tätsch auf einmal, in einem Augenblick
Schriibärii Schreiberei
Vrgrebnischt Abdankung, Begräbnis
fürchtig sehr viel (Verstärkungswort)
ärgudderet durchgeschüttelt
gsinnet (habe mir) gedacht
hüünä weinen
rääggä weinen
in dä Hinderlig choon ins Hintertreffen geraten
Stifti Lehrzeit
Manet Monate
Puffed (Stuben-)Buffet
Täflibritter Holztäfer-Bretter
Zillätä Zeilen

 

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Liebe Marietta
Merci für Deine Geschichte, die wir gestern, noch letztes Jahr, entdeckten. Wir wussten nicht, dass Dein Ätti gestorben ist. Wir sind traurig darüber, und wir freuen uns über die Erinnerungen an ihn, die Wanderung mit ihm im Wald, wie wir zusammen bei ihm am Tisch sassen, wie er von seinen Bäumen erzählte, von der Murmeltiersalbe, und wir freuen uns, dass wir so ein Urgstein erleben durften. Und heute, an Neujahr sind das wunderbare Gedanken, besser kann man ein Jahr nicht beginnen. Liebe Grüsse und beste Neuhjahrswünsche, Barbara und Ruedi