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Der Dopingwettlauf um das vermeintliche Glück

Das Zeitalter der Globalisierung mit dem Zusammenspiel von «Markt und Effizienz» war hauptverantwortlich für den grossen Wohlstandszuwachs.

Peter
Eisenhut
26.01.23 - 17:20 Uhr
Bild Freepik

Im Blog «Aktuelle Volkswirtschaftslehre» schreiben Jan-Ebert Sturm, Hans Jörg Moser und Peter Eisenhut über aktuelle Themen, die die Volkswirtschaft bewegen.

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Das Zeitalter der Globalisierung mit dem Zusammenspiel von «Markt und Effizienz» war hauptverantwortlich für den grossen Wohlstandszuwachs. Die Finanzkrise 2008 stellte das Vertrauen in die Globalisierung auf die Probe. In der Coronapandemie wurde die Anfälligkeit von internationalen Lieferketten offensichtlich. Der Ukraine-Krieg führte uns die existenziell bedrohende Abhängigkeit im Energiebereich vor Augen. Dazu kommen der Klimawandel und der neue kalte Krieg zwischen dem Westen und China, welche die Verhältnisse gedreht haben.

Diese «Polykrisen» haben die Begehren sowohl nach höherem staatlichem Schutz als auch nach vermehrter staatlicher Förderung massiv erhöht. Die Protektionisten, die Nationalisten, die Autokraten und die Subventionsverfechter haben Hochkonjunktur. So zahlen Industriefirmen in Deutschland und Frankreich dank staatlichen Massnahmen bis zur Hälfte weniger für Strom als hiesige Unternehmen. An diesem Dopingwettlauf beteiligen sich neben der EU, auch die USA und Asien. Will man nicht abgehängt werden, ist der Anreiz gross, selbst auch in den Subventionstopf zu greifen. Vergessen wird dabei, dass die Subventionen wettbewerbsschädigend sind und von jemandem bezahlt werden müssen. Weil niemand wirklich weiss, welche Branchen oder Unternehmen in Zukunft Erfolg haben werden, erhalten zudem nicht nur zukunftsträchtige Bittsteller Staatskrücken, sondern auch Verliererbranchen.

Hand in Hand mit der Subventionspolitik gehen die Abschottungs- und Autonomietendenzen in sogenannt strategisch wichtigen Branchen wie Hochtechnologie, Rüstung, Medikamente, Lebensmittel oder Energie. Selbst im Kampf gegen den Klimawandel – ein globales Problem, das nur global gelöst werden kann – werden die alten Instrumente ausgepackt. So dominieren gigantische Subventionspakete zum nationalen oder sogar lokalen Schutz anstelle von Kostenwahrheit. Abschottung und Staatskrücken verhindern einen effizienten Einsatz der Ressourcen, verschleiern eben die wahren Kosten und schmälern den Wohlstand. Genau das können wir uns nicht leisten, ganz besonders nicht im Kampf gegen den Klimawandel.

Auch die Schweiz steht leider bei diesen gefährlichen Trends nicht gänzlich im Abseits. Argumente wie «das Geld im Inland behalten», «Unterstützung von Arbeitsplätzen im Inland», «Förderung der Innovation im Inland» oder «Netto-Null so schnell wie möglich» sind aus gesinnungsethischer Perspektive nachvollziehbar und gerade deshalb ein politisch attraktiver Weg. Moralisierende Argumente sind nun mal eben sehr verfänglich. Allerdings müsste aus der Logik der ersten drei Argumente die Grenzen für Handel geschlossen und alles im Inland produziert werden. Wie so oft ist gut gemeint das Gegenteil von gut gemacht. Denn Abschottung, Subventionen und Nationalismus müssen nach den Folgen bewertet werden. Die Verantwortung für das Resultat muss von den Entscheidungsträgern übernommen werden. Aus einer verantwortungsethischen Beurteilung ist klar, dass Abschottung und Subventionen der Kostenwahrheit widersprechen und schädlich sind. So wäre es im Klimaschutz zentral, dass der CO2-Ausstoss ein globales Preisschild erhält und die Mittel dort eingesetzt werden, wo sie zur höchsten CO2-Vermeidung führen.

Für kleinere Volkswirtschaften, die ihren Wohlstand einem offenen und exportorientiertem Geschäftsmodell zu verdanken haben, sind diese Tendenzen besonders besorgniserregend. Schotten die Länder der Welt ihre Märkte ab, behindern sie die Importe und fördern die Exporte, gehört die Schweiz zu den grossen Verlierern. Umso unverständlicher ist es, wenn man von allen anderen Ländern offene Märkte und keine Wettbewerbsverzerrung fordert und sich selbst aus rein gesinnungsethischer Sicht entgegengesetzt verhält.

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