×

«Zukunftsorientiert über Gräben hinwegsehen»

Aufgewachsen in den USA, wollte Liz Rüedi ursprünglich Ärztin werden, fand sich aber dann im Prättigau wieder. Die Wirbelwindfrau hat – allen Schicksalsschlägen zum Trotz – noch einiges im Sinn . . .

Conradin
Liesch
23.06.22 - 18:04 Uhr
Leben & Freizeit
Elizabeth (Liz) Rüedi-Murchison ist seit 2021 als Mitglied der «Mitte» im Gemeinderat Klosters.
Elizabeth (Liz) Rüedi-Murchison ist seit 2021 als Mitglied der «Mitte» im Gemeinderat Klosters.
ZVG

Die ausgeprägte Kultur der Südstaaten brachte Liz dazu, schon als Jugendliche oft zu reisen, etwa für den «American Field Service» nach Costa Rica. Sie konnte sich nicht für ein Studium entscheiden, darum studierte sie einerseits Psychologie (Kinderentwicklung und Schizophrenie), andererseits Literatur und Kommunikation. Mit diesen Abschlüssen wollte sie dann Ärztin werden, rutschte dann aber ins Marketing durch eine einmalige Chance in New York. Glücklicherweise kann sie Marketing mit ihrer Affinität zu Medizin und Bildung bei der Arbeit kombinieren; zuvor für die AO Foundation, jetzt für Global Neuro.

Bei einem Skiaufenthalt in Klosters lernte sie ihren zukünftigen Mann Yvan kennen, der sie dann in London besuchte. «Zwei Wochen später kündete ich dort meinen Job, sieben Monate später waren wir verlobt», lacht sie.

Herausforderungen begegnen

Bis zur Heirat ging es dann etwas länger, denn sie wurde mit der niederschmetternden Diagnose «Krebs» konfrontiert. Dies war nicht der einzige Schicksalsschlag, der sich ihr in den Weg stellte: Bei der Geburt ihres erstens Sohnes wäre sie mit dem Kind zusammen fast gestorben. Ihre spirituelle Einstellung half Liz, damit umzugehen; auch die seltene Krankheit ihres jüngsten Sohnes Edward ist eine Herausforderung, der sich zusammen mit ihrem Mann stellt: «Wir und seine Ärzte wissen nicht, wie es kommt und leben eigentlich von Tag zu Tag», sagte sie und ergänzt: «Wieder schlafen zu können, wäre toll.»

Die Entscheidung, in die Politik zu gehen, fiel bei ihr rasch: «Am Tag, als ich zugesagt hatte, musste ich mit Edward für acht Wochen ins Spital; den Wahlkampf habe ich eigentlich komplett verpasst.»

Die bewundernswert kämpferisch agierende Powerfrau gibt auch in der Politik 100 Prozent: «Das erste Jahr war ganz streng, mit der Erneuerung des Baugesetzes und der Schulschliessung in Saas», erzählt sie. Sie bereitet sich akribisch auf die Sitzungen vor und versucht, Weitsicht und andere Blickwinkel in ihre Argumentationen hineinzubringen: «Weil ich nicht an eine Fraktion gebunden bin, kann ich aber über Gräben hinwegsehen und sehe die Wichtigkeit, näher zusammenzurücken und Lösungen gemeinsam zu erarbeiten, die für das Ganze gut sind und nicht nur für eine Gruppe oder Fraktion.»

Kämpferisch und vorausschauend

Dies erklärt sie mit ihrem Background: «Ich glaube, dass mein akademischer Hintergrund, zusammen mit meiner internationalen Berufserfahrung, zu meinem lösungsorientierten Denkprozess beiträgt. Ausserdem versuche ich, viele Schritte vorauszudenken, nicht nur einzubeziehen, was gerade jetzt eine gute Lösung ist.

Liz Rüedi ist es gewohnt, ihre Meinung zu äussern, auch wenn sie nicht populär ist. So missfällt ihr die kurzsichtige Entscheidung, dass es keine Bahnunterführung in Serneus gab, als die Nationalstrasse und die Sunnibergbrücke erstellt wurden: «Nicht nur ein Dorf liegt auf der anderen Seite, sondern auch das Gewerbe, der einzige professionelle Campingplatz für unsere Gemeinde, eine besondere Kletterwand und eine der zwei Primarschulen. Für diese Unterführung werde ich kämpfen.» Der Wohnraum für Einheimische liegt ihr ebenfalls am Herzen: «Wir müssen alles für Familien tun, damit sie hierher ziehen und hierbleiben, zum Beispiel mit Bau- und Wohnmöglichkeiten sowie Kinderbetreuung.»

Die geplante flächendeckende Einführung von Tempo 30 beschäftigt sie auch: «Das zieht schmälere Strassen und Hindernisse nach sich; Handwerker, der Ortsbus und die Touristen werden eingeschränkt, und das Ganze ist ja nicht wissenschaftlich belegt.»

Auch gegen die Wolfspräsenz spricht sie sich deutlich aus: «Das Leben hier besteht aus dem Leben in der Natur, das ist gefährdet wegen der Angst vor dem Raubtier. Der Wolf hat hier keinen Platz, muss ich ehrlich sagen.»

Ihren Kampfgeist möchte sie auch an ihre Kinder weitergeben: «Ich bin nicht eine, die Angst hat. Wenn sich eine Tür schliesst, geht eine andere auf.» Und nicht zuletzt möchte sie mit ihrem Vorgehen auch Vorbild für andere, jüngere Frauen sein: «Um als Frau in einer noch immer männerdominierten Geschäfts-und Politikwelt angehört zu werden, braucht es dicke Haut, Belastbarkeit und Durchsetzungsvermögen.»

Kommentieren
Wir bitten um euer Verständnis, dass der Zugang zu den Kommentaren unseren Abonnenten vorbehalten ist. Registriere dich und erhalte Zugriff auf mehr Artikel oder erhalte unlimitierter Zugang zu allen Inhalten, indem du dich für eines unserer digitalen Abos entscheidest.
Mehr zu Leben & Freizeit MEHR