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Wieso sagen wir «etwas im Schilde führen»?

Wissen ist Macht – und manchmal einfach auch unglaublich unterhaltsam. In unserer Serie «SOwas!» liefern wir euch regelmässig (un)nütze Erklärungen und Kuriositäten zum Staunen und Schmunzeln.

Südostschweiz
25.09.21 - 04:30 Uhr
Leben & Freizeit
Der Begriff «etwas im Schilde führen» stammt aus dem Mittelalter, wird aber auch heute noch rege gebraucht.
Der Begriff «etwas im Schilde führen» stammt aus dem Mittelalter, wird aber auch heute noch rege gebraucht.
Symbolbild Unsplash

Im Mittelalter gab es nicht nur prachtvolle Schlösser, edle Ritter und anmutige Burgfräuleins – im Mittelalter war es auch Usus, dass jede Adelsfamilie ihr eigenes Wappen hatte. Und dieses stellten sie wann immer möglich zur Schau. Sie bedruckten Fahnen, Helme und Schilde damit. Um die Herkunft der Redewendung «etwas im Schilde führen» genauer zu erklären, müssen wir in der Geschichte zu genau diesen Wappen zurückreisen.

Wappen im Mittelalter waren oft sehr detailreich und prunkvoll.
Wappen im Mittelalter waren oft sehr detailreich und prunkvoll.
Symbolbild Pixabay

Wappen – eine Wissenschaft

Wappen werden heute nicht mehr jene Bedeutung zugewiesen, wie dies vor mehreren Hundert Jahren noch der Fall war. Es gibt jedoch die Wappenkunde, auch Heraldik genannt, die als offizielle Wissenschaft gilt. Sie beschäftigt sich unter anderem mit der Bedeutung der Symbole auf den Wappen und der historischen Entwicklung. Der Begriff Heraldik geht auf die Heroldskunst zurück, die frühere Bezeichnung für die Wappenkunde. Denn bereits im Mittelalter war es unerlässlich, die Wappen lesen zu können. Der Wappenherold war die «go-to» Fachperson, denn er war dafür zuständig, das Wappen zu lesen und damit seinen Träger zu erkennen. Ein mittelalterlicher Wappenherold ist in Bezug auf seinen sozialen Status mit den heutigen Diplomaten zu vergleichen. Herolde waren äusserst gebildet und kannten sich besonders in Kriegs-, Urkunden und Staatsrecht aus. Das war auch nötig – so konnten die Herolde früher allein an dem Wappen einer Person abschätzen, welche Absichten diese Person haben könnte. 

Hier dargestellt sind zwei preussische Herolde, ursprünglich erschien das Bild im Heraldischen Atlas 1899.
Hier dargestellt sind zwei preussische Herolde, ursprünglich erschien das Bild im Heraldischen Atlas 1899.
Wikimedia

Dadurch, dass die Adelsfamilien früher dazu neigten, ihr Wappen möglichst überall aufzudrucken, anzubringen und einzusticken, war es nur logisch, dass auch die Schilde der Ritter einer Familie mit dem adligen Logo versehen waren. So erkannten die Herolde auf einen Blick, aus welcher Familie oder aus welcher Gegend eine Person stammte. Natürlich wussten die Herolde stets Bescheid, wie gut die Beziehungen zu anderen Adelsfamilien aktuell liefen – und ob jemand willkommen war und ob hinter dem Besuch gute oder schlechte Absichten stecken mögen. Genau hier setzt die Redewendung an: Heute benutzen wir «Was er wohl wieder im Schilde führt» als Ausdruck dafür, wenn wir ein bestimmtes Motiv hinter einer Aussage oder einem Verhalten vermuten. Dies taten die Herolde damals auch. Sie achteten darauf, welches Wappen eine Person «im Schilde», also auf dem Schild, führte und schlossen darauf auf die Absichten und Motive eines Menschen.

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