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Tierfreund wird zum Ersatzmami für Igelbabys

Daniele Giardina findet in Netstal verlassene Igelbabys. Ihr Mami kehrte nicht zum Nest zurück. Er kümmerte sich um die Kleinen und übergab sie dann einer Igelstation in Mels.

Paul
Hösli
05.06.20 - 04:30 Uhr
Leben & Freizeit
Ein Herz für Tiere: Daniele Giardina packt die Igelbabys in eine Kartonschachtel und überbringt sie der Igelstation in Mels.
Ein Herz für Tiere: Daniele Giardina packt die Igelbabys in eine Kartonschachtel und überbringt sie der Igelstation in Mels.
MARKUS ALLENSPACH

Nachdem Daniele Giardina und seine Arbeitskollegen von der Firma Kraftwerk Löntsch AG in der vergangenen Woche in Netstal ein Bord gemäht hatten, fanden sie sechs kleine Igelbabys. «Ich habe sie zuerst gar nicht gesehen, erst ein Arbeitskollege machte mich auf sie aufmerksam», erzählt der Näfelser. «Von der Mutter fehlte aber jede Spur, die Igelbabys waren alleine im Nest.» So macht er sich schlau und landete letztlich bei der Igelstation in Mels. «Zwei Frauen haben uns bezüglich der Vorgehensweise mit den Babys beraten», sagt Giardina. Wichtig sei, dass sie von den Kleinen fernbleiben würden und diese ja nicht anfassen sollen. «Durch den fremden Geschmack hätte die Mutter die Kleinen totgebissen.»

So schaute der 41-Jährige alle zwei bis drei Stunden nach den Kleinen, und ob die Mutter allenfalls zurückgekehrt ist. Dem war aber nicht so. Daniele Giardina sagt: «Sie sahen gut genährt und gesund aus. Schon lange auf sich allein gestellt waren sie daher vermutlich noch nicht.» Dennoch packte er die Tierchen gegen 19.30 Uhr mit Handschuhen in einen Karton und fuhr die Babys zur Igelstation in Mels. «In der Nacht wäre die Gefahr bestanden, dass die kleinen Igel an Unterkühlung sterben», sagt der Tierfreund. Seine Freundin und er besitzen selber eine Katze und einen Hund.

Ein schlechtes Gewissen

Er sei kein Held, sagt Daniele Giardina: «Es kann sein, dass ich der Grund für das Alleinsein der Babys bin. Die Mutter kam allenfalls in den Mäher oder erschrak dermassen durch das Geräusch, das sie flüchtete», packte ihn das schlechte Gewissen. «Man weiss etwas und unternimmt nichts, das geht doch nicht. Ich konnte nicht einfach abhauen. Dann hätte ich mich wirklich schuldig gemacht, ich musste einfach helfen», erzählt Giardina. Dies sei der hauptsächliche Beweggrund, weshalb er die Kleinen nicht einfach sich selber überlassen wollte.

Wiedersehen mit den Kleinen

Die sechs Igelbabys befinden sich nun in Mels und werden von Pia Albrecht und einer Mitarbeiterin aufgepäppelt. «Sie sind die Helden in dieser Geschichte. Die Frauen müssen die Tiere alle zwei Stunden füttern, das ist ein grosser Aufwand. Es ist toll, dass es Freiwillige gibt, die sich um die Igelbabys kümmern», windet er den Frauen ein Kränzchen.

Am Mittwoch habe er von Albrecht ein Foto der Igelbabys erhalten. «Sie seien gesund und munter, schrieb sie. Das freut mich natürlich sehr», zeigt sich der Hobbyfotograf erleichtert. Die Igelbabys werden nun in Mels aufgezogen, bis sie wieder ausgesetzt werden können. «Das sollte im August oder September der Fall sein», weiss Daniele Giardina.

Und vielleicht kommt es zu einem Wiedersehen mit seinen Findelkindern. «Sie werden wieder dort ausgesetzt, wo sie gefunden wurden. Ich wäre sehr gerne dabei», sagt Giardina. Letztlich sei es ein schönes Erlebnis gewesen, wenn auch gleichwohl traurig. Zumindest zeichnet sich ein Happy End für die Kleinen ab, auch dank dem uneigennützigen Einsatz von Daniele Giardina. Er sieht das entspannt: «Wir können uns lediglich der Natur ein wenig anpassen und wenn wir können, helfend einspringen.»

Paul Hösli ist Redaktor bei den «Glarner Nachrichten» in Ennenda. Wenn er keine Artikel über das regionale Geschehen verfasst, produziert er die Zeitung. Zudem ist er der Stellvertreter von Ruedi Gubser für das Ressort Sport. Er ist seit 1997 bei der «Südostschweiz», im Jahr 2013 wechselte er intern von der Druckvorstufe in die Redaktion. Zuerst in einem 40-Prozent-Pensum und seit 2016 zu 100 Prozent.

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Danke für diese herzergreifende Geschichte, die stellvertretend steht für das grosse Ganze, die daran erinnert, welches Leid durch Umweltzerstörung man-made geschieht:
Bei uns im "Wohnquartier" gibt es weiträumig wohl kaum einen Quadratzentimeter und schon gar keinen Laubhaufen etc., der nicht von Facilitymanagern auf den Kopf gestellt wird (Abgase und Lärm auch zulasten der Bewohner), während ich das Gegenteil fordere: Laubbläser- und Rasenmäher-Verzicht, dafür Chlorophyllfüllemaxima: Gesunde Erlebnisse statt sterile Rasen, die eh kaum jemand betritt und die bloss künstlich vor sich hin dorrend auch noch haufenweise Wasser vergeuden.
Den Schwächeren, also den aussterbenden Arten (Fauna, Flora) und beispielsweise chronischkranken Menschen, fehlt ihre Nische, ihr Ort zum Dasein/Sein-Dürfen, Zuflucht, Asyl, Lebenselixier. Alles kommt unter die Walze der Starken. Aber wozu? Ich finde das zerstörerisch, krank, böse.
Warum nicht zumindest und zunächst an einem Ort das Gegenteil zur "Alternativlosen Gesellschaft", den Beweis der Machbarkeit zulassen?
https://turnaround-to-eden.webnode.com/

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