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Auf der Suche nach Blindgängern

Das Gebiet rund um den Lai Blau in der Surselva diente der Schweizer Armee jahrzehntelang als Zielhang. Bis heute werden regelmässig Geschossrückstände und Splitter gefunden. Spezialisten der Armee haben das Gebiet nun über und unter Wasser nach Blindgängern abgesucht.

04.08.19 - 04:30 Uhr
Leben & Freizeit

Der Lai Blau in der Gemeinde Medel/Lucmagn liegt idyllisch in einer hochalpinen Mulde am Fusse des Piz Lai Blau. Beim Anblick des blauen Wassers und der Ruhe auf 2400 Meter über Meer kann man sich nicht nur schwer vorstellen, dass es hier jemals anders gewesen sein könnte.

Doch das Gebiet rund um den See stellte für die Schweizer Armee während über 100 Jahren einen Zielhang für militärische Geschosse dar. Der Zielhang wurde von Minenwerfern und von der sich in der Nähe befindlichen Festungsartillerie jahrzehntelang ins Visier genommen. Obwohl der See selbst nie direkt beschossen wurde, finden Touristen, Fischer und Einheimische bis heute immer wieder Splitter und Geschossrückstände.

Mit «Sauerstoff» zum Sprengstoff

Seit 2011 finden um den Lai Blau keine Schiessen mehr statt. Trotzdem nehmen die Funde aufgrund des schmelzenden Schnees und der Erosion nicht ab.

Gemeindepräsident Rico Tuor wandte sich in der Folge an die Armee, um das Gebiet nach Blindgänger und weiteren Geschossrückständen absuchen zu lassen. Letzte Woche war es dann soweit und insgesamt vier Spezialisten der Armee suchten das Ufergebiet und den Grund des Lai Blaus ab. Das Personal und 200 Kilogramm Material wurden mit einem Super Puma zum See geflogen. 

60 Tonnen in 20 Jahren

Nach zwei einstündigen Tauchgängen im Schmelzwasser konnten die Taucher zweifelsfrei feststellen, dass sich im Lai Blau keine Blindgänger befinden. Ganz ohne Fund blieben die Taucher indes nicht. So fischten sie neben Abfall und kleineren Munitionsbestandteilen auch diesen leeren Geschosskörper einer Schrapnellgranate aus dem See:

Solche Granaten wurden bis vor dem Ersten Weltkrieg verwendet.
Solche Granaten wurden bis vor dem Ersten Weltkrieg verwendet.

Sämtliche Splitter und Geschossrückstände wurden an Land gebracht und in einem nächsten Schritt werden sie im entsprechenden Kompetenzzentrum fachgerecht entsorgt. Über die Jahre hat sich bei solchen «Aufräumaktionen» durch die Armee in der Surselva ein stattlicher Abfallberg angesammelt. «Seit dem Jahr 2000 haben wir knapp 60 Tonnen Geschossrückstände aus dem Gebiet abtransportiert und entsorgt», sagt Hauptfeldweibel Jürg Gartmann, Fachberufsunteroffizier der Territorialdivision 3. 

Erleichterung bei der Gemeinde

Dass sich im Lai Blau keine Blindgänger befinden, ist für das kantonale Amt für Jagd und Fischerei und die Gemeinde eine Erleichterung. Im Falle eines entsprechenden Fundes, hätte der See leergefischt werden müssen, damit der Blindgänger kontrolliert hätte gesprengt werden können. Nun können sich die Verantwortlichen aber beruhigt dem Fortbestand der künstlich ausgesetzten Fischpopulation widmen. (bae)

Was ist ein Blindgänger?
Als Blindgänger bezeichnet man Munition, die nicht oder nicht vollständig explodiert ist; zum Beispiel, weil sie im Wasser, im Schnee oder in weichem Boden gelandet oder durch Steine abgelenkt worden ist. Blindgänger und Munitionsreste finden sich häufig auf Schiessplätzen, in Zielgebieten in den Bergen, auf Gletschern – aber auch im Nachlass von Verstorbenen als Erinnerung an die Dienstzeit. Diese Art von «Erinnerung» ist verboten, denn Blindgänger sind (sehr) gefährlich.
Um Unfälle zu verhindern, sind folgende Grundsätze zu beachten: Blindgänger nie berühren – markieren – melden. 

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